Seit Ende 2021 und besonders Anfang 2022 haben sich in Arauca die Auseinandersetzungen zwischen den verschiedenen bewaffneten Akteuren verschärft, ebenso die gerichtliche Verfolgung und die Gewalt gegen soziale Bewegungen und ihren Führungspersonen. Die sozialen Bewegungen sind nicht nur mit der Stigmatisierung und gerichtlichen Verfolgung durch den Staat konfrontiert, sondern auch mit zunehmenden Fällen von Drohungen, Angriffen und Ermordungen, wie zum Beispiel der Autobombenanschlag vom 19. Januar 2022 gegen den Sitz von mehreren sozialen Organisationen in Saravena. Angesichts dieser Situation unternahm Sonia López, Präsidentin der Stiftung für Menschenrechte «Joel Sierra», im März eine Reise nach Europa und auch in die Schweiz.
Verhandlungen mit dem ELN – ein unmöglicher Friedensprozess?
In der jetzigen Lage in Kolumbien, mit dem weiter andauernden nationalen Streik, der alarmierenden Militarisierung durch die Regierung und steigenden Zahlen von Menschrechtsverletzungen, scheint das Thema von Friedensverhandlungen mit dem ELN nicht gerade das aktuellste Thema. Nichtsdestotrotz ist das Thema im Mai wieder in die Schlagzeilen gelangt. Nicht nur weil dies eine Forderung des nationalen Streikkomitees an die Regierung ist, sondern auch wegen des Rücktritts des Hohen Friedenskommissars der kolumbianischen Regierung am 22.05.2021.
Mitteilung der Kolumbienplattform Schweiz
Die Kolumbien-Plattform Schweiz drückt ihre Sorge über die Beendung des Dialogs zwischen der Regierung Kolumbiens und der Guerilla ELN aus und ruft beide Seiten auf, weiterhin auf den Aufbau eines umfassenden Friedens zu setzen.
Bewaffneter Streik und Haftbefehle
Im Februar 2018 erlitten die Hoffnungen auf ein baldiges Friedensabkommen zwischen der Regierung Kolumbiens und dem ELN erneut Rückschläge. Nach Anschlägen des ELN und Gegenschlägen der staatlichen Sicherheitskräfte reagierten beide Seiten mit Eskalation: das ELN rief einen bewaffneten Streik aus und die Regierung antwortete mit Haftbefehlen für die Führungsspitze des ELN.
Verhandlungsstrategie von Regierung und ELN
Die Verhandlungen zwischen Regierung und ELN gleichen einer Achterbahn. Nach grossen Fortschritten am Verhandlungstisch kommt oft ein Rückschlag, sei es durch einen Angriff der staatlichen Sicherheitskräfte auf die Zivilbevölkerung, sei es durch einen Anschlag des ELN auf Infrastrukturanlagen. Der Abschluss eines Friedensabkommens vor den Präsidentschaftswahlen dürfte schwierig werden, aber beide Verhandlungsparteien zeigen sich weiterhin optimistisch.
Waffenstillstand und Menschenrechte
Der Waffenstillstand zwischen Regierung und ELN hat zwar zu einem Rückgang der Gewalt geführt, aber nur für die bewaffneten Akteure. Die Zivilgesellschaft in Kolumbien ist weiterhin der Gewalt ausgesetzt, soziale Führungspersonen und MenschenrechtsverteidigerInnen geraten immer stärker unter Druck. Der Staat macht dabei mit Gewaltexzessen gegen Protestierende keine gute Figur.
Ein zögerlicher Frieden unter dunklen Wolken
Während die FARC ihren Teil der Verpflichtungen aus dem Friedensvertrag zielgerichtet umsetzen, zeichnet sich die Regierung Kolumbiens bisher durch eine Politik der kleinen Schritte aus. Von den Verhandlungen zwischen ELN und Regierung sind positive Signale zu vernehmen. Verschiedenen Quellen zufolge steht ein Waffenstillstand kurz bevor. Dem stehen jedoch die unterschiedlichen Absichten und Ziele der Verhandlungspartner entgegen. Und über dem gesamten Friedensprozess schwebt die Präsidentschaftswahl 2018 mit dem drohenden Erfolg eines dem Frieden abgeneigten Kandidaten.
Höhenflüge und Tiefpunkte des Friedensprozesses
Der ehemalige Präsident Uribe und seine Partei versuchen weiterhin, den Friedensprozess wo nur möglich zu behindern. Die Regierung ist jedoch trotz einem Urteil des Verfassungsgerichts zuversichtlich, die gesetzlichen Grundlagen zur Umsetzung des Friedensvertrags mit den FARC schaffen zu können. Während die FARC sich bereits ein neues, demokratisches Image geben und ihre politische Zukunft vorbereiten, steckt die ELN in langwierigen Friedensverhandlungen mit der kolumbianischen Regierung fest. Die grösste Gefahr für den Frieden geht weiterhin von den erstarkenden Paramilitärs aus.
Friedensverhandlungen Kolumbien-ELN: Friedensverhandlungen mit Fragezeichen
Regierung und ELN haben sich auf den Beginn offizieller Friedensverhandlungen geeinigt. Friede jedoch ist mehr als nur die Abwesenheit bewaffneter Auseinandersetzungen. Die sozialen Ursachen der Konflikte werden jedoch weiterhin nur zögerlich angegangen.