Lebensmittel, Gesundheit & Agrarsektor
Der Agrarsektor Kolumbiens steht im Zentrum des bewaffneten Konflikts, insbesondere auf Grund der ungleichen Verteilung des Grundbesitzes. Im Agrarsektor wurden aber auch heftige soziale Kämpfe ausgefochten, so bei der versuchten Rückgewinnung von Land für landlose Kleinbauern, wie bei der Hacienda Bellacruz. Dort haben die illegitimen Besitzer die Bauern der ANUC, die Land besetzten und dessen Umverteilung forderten, massakrieren lassen. Auch im Ölpalmensektor bezahlten Gewerkschaften im Kampf um würdige Arbeitsbedingungen einen hohen Blutzoll. Zusammen mit dem Bananenanbau und den Viehzüchtern sind es die Sektoren, die am meisten Paramilitärs finanzierten. Chiquita wurde für die Finanzierung der Paramilitärs in Urabá zu hohen Bussen verurteilt. Aber auch im Lebensmittelsektor waren die Arbeitskämpfe heftig. Coca Cola ist beschuldigt, Paramilitärs angeheuert zu haben, um Gewerkschafter ermorden zu lassen und ganze Gewerkschaftssektionen zum Aufgeben zu zwingen. Auch bei Nestlé gibt es über ein Dutzend tote Arbeiter und Gewerkschaftsmitglieder, deren Ermordungen alle straflos geblieben sind. Syngentas Geschäftspraxis ist auch in Kolumbien wegen Gentechsaatgut und hochgiftigen Pestiziden umstritten. Bei Pharmafirmen wie Novartis drehen sich die Konflikte um überhöhte Medikamentenpreise und Zwangslizenzen für Generikahersteller, gegen die sich die Pharmariesen auch mit Klagen beim Weltbankschiedsgericht zur Wehr setzen.
Petro will die Campesinos als Rechtssubjekte anerkennen und endlich die Agrarreform umsetzen
Die Kampagne des Pacto histórico war die einzige, die die Anerkennung der Kleinbauern und Kleinbäuerinnen als soziale Gruppe und als Rechtssubjekte sowie die Umsetzung einer Agrarre-form versprach. Nun macht sich die Regierung an die Umsetzung. Kernstücke der Agrarreform sind das Mehrzweck-Kataster und die Formalisierung des Grundbesitzes. Mit dem Mehrzweck-Kataster soll das Land höher besteuert werden und so mehr produzieren. Unproduktives Land will die Regierung Petro mit dem Gewinn der Bodensteuer aufkaufen und an Landlose verteilen. Ebenso soll der informelle Landbesitz durch Titel legalisiert werden. Mechanisierte Grossbetriebe und Kleinbauern sollen nebeneinander bestehen und sich ergänzen. Ebenso steht die Ernäh-rungssouveränität und die Bekämpfung des Klimawandels auf dem Programm. Obwohl es keine sehr radikale Reform mit Enteignungen ist, drohen die Grossgrunbesitzer it massivem, auch be-waffneten, Widerstand.
Das Menschenrechtskomitee der UNO in Genf verurteilt den kolumbianischen Staat wegen der Ermordung eines Gewerkschafters bei Coca Cola
Verurteilt wurde Kolumbien, weil der Staat es unterlassen hatte, strafrechtlich zu untersuchen, wer den Auftrag für den Mord am Gewerkschafter gegeben hat.
Novartis gegen Kolumbien
In Kolumbien hat der hohe Preis des Medikamentes gegen Blutkrebs, Glivec, zu einer untragbaren finanziellen Belastung des Gesundheitswesens geführt. Die kolumbianische Regierung hat deshalb 2015 beschlossen, das Medikamente als von öffentlichem Interesse zu erklären und die Monopolstellung des Pharmagiganten Novartis zu beenden, damit der Wettbewerb durch Generikahersteller zu einem Preisrückgang führt. Novartis wollte jedoch nicht auf diese reichlich sprudelnde Gewinnquelle verzichten und drohte damit, Kolumbien vor einem Internationalen Schiedsgericht zu verklagen. Obwohl der Preis für Glivec schlussendlich gesenkt werden konnte, getraute sich Kolumbien jedoch nicht, das Monopol von Novartis in Frage zu stellen. Die Einschüchterungskampagne des Unternehmens verhinderte so einen Präzedenzfall, der andere Länder dazu hätte animieren können, ebenfalls gegen die überrissenen Preise von Novartis vorzugehen.