Samen der Hoffnung – Semillas de Esperanza
Von Fabian Dreher
Zehn Schweizer NGOs unterstützen gemeinsam mit dem EDA in der kolumbianischen Karibikregion das Friedensförderungsprogramm „Semillas de Esperanza“. Ziel des Programms ist die Verankerung eines gerechten und nachhaltigen Friedens in der kolumbianischen Gesellschaft. Auf Grund der politischen Konjunktur sowie in der täglichen Arbeit mit Basisgemeinschaften stossen die beiden vom Friedensförderungsprogramm unterstützten Organisationen immer wieder auf Schwierigkeiten, die sie in ihrer Arbeit herausfordern und nach kreativen Lösungen verlangen.
Ab 2001 führten verschiedene Schweizer NGOs mit Unterstützung des EDA (Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten) unter dem Namen SUIPPCOL ein Friedensförderungsprogramm zur Stärkung der Zivilgesellschaft in Kolumbien durch. Das Programm wurde ab 2014 abgelöst durch das Multitrack Programm „Semillas de Esperanza“, das in der kolumbianischen Karibikregion einen Beitrag leistet zu einem gerechten und nachhaltigen Frieden durch Aktivitäten im politischen, ökonomischen und sozialen Bereich, die den Konflikt beeinflussen. Im September 2017 wurde die erste Projektphase abgeschlossen. Nach einer Evaluation und Anpassungen startete ab Oktober die zweite Phase des Projekts, die bis Ende September 2020 dauern soll.
„Semillas de Esperanza“ wird von zehn Schweizer Hilfswerken und NGOs und der Abteilung für menschliche Sicherheit (AMS) des EDA unterstützt. Neben der Leadagentur Caritas Schweiz gehören auch die Arbeitsgruppe Schweiz-Kolumbien, COMUNDO, Fastenopfer, HEKS, Peace Brigades International, Peace Watch Switzerland, Swissaid, Terre des Hommes Schweiz und Terre des Hommes Suisse zur Trägerschaft. Das Programm leistet in der kolumbianischen Karibikregion einen Beitrag zu einem gerechten und nachhaltigen Frieden und seiner Verankerung in der kolumbianischen Gesellschaft. Konkret unterstützt das Programm zwei Partnerorganisationen, Colemad und SembrandoPaz, die in der Karibikregion in insgesamt sieben Gemeinden tätig sind und zudem zehn lokale Organisationen eng begleiten. Colemad stärkt eine Advocacybewegung von Frauen und politischen Organisationen. Diese erarbeiten Vorschläge für die Lösung von Landkonflikten als Grundlage für einen gerechten und nachhaltigen Frieden in Kolumbien. Sie setzen sich für die Anliegen benachteiligter Frauen ein, engagieren sich für alleinerziehende Mütter und ethnische Minderheiten. SembrandoPaz arbeitet in fünf Gemeinden die von Armut, schlechten Bildungschancen und struktureller Vernachlässigung betroffen sind. In diesen Gemeinden unterstützt SembrandoPaz den Aufbau von Gemeindestrukturen und stärkt zivilgesellschaftliche Organisationen. Mit dieser Unterstützung sorgt SembrandoPaz für den Vertrauensaufbau auf lokaler und regionaler Ebene und stärkt damit den Friedensprozess.
Die Arbeit von Colemad und SembrandoPaz ist nicht ohne Risiken. Da sich beide Organisationen in einem gesellschaftspolitischen Spannungsfeld bewegen, müssen sie bei ihrer Arbeit immer auch die politische Lage in Kolumbien und der Karibikregion berücksichtigen. Politik und Gesellschaft sind in Kolumbien aktuell stark polarisiert. Auf der einen Seite befindet sich die traditionelle Elite, die sich in grossen Teilen gegen den Friedensprozess und Veränderungen stellt. Auf Grund ihrer wirtschaftlichen und politischen Macht gelingt es ihr oft, eine Mehrheit der Bevölkerung zu überzeugen, wie bei der Ablehnung des Friedensvertrags mit den FARC im Oktober 2016 sowie anlässlich der Kongress- und Präsidentschaftswahlen zwischen März und Juni 2018. Auf der anderen Seite die Zivilgesellschaft, die sich vor allem Frieden und ein Leben in physischer und materieller Sicherheit wünscht. Die Umsetzung des Friedensvertrags mit den FARC und die Fortführung des Friedensprozesses mit dem ELN sind dabei zentral, dem stehen aber lokal, regional und national gewichtige Interessen gegenüber. Generell hatten die Wahlen einen grossen Einfluss auf die Arbeit beider Organisationen. Ihre lokalen Partnergemeinschaften wurden durch die damit einhergehende Polarisierung und Unsicherheit stark beansprucht. Colemad wie SembrandoPaz versuchten dabei zwischen den Fronten zu vermitteln und den friedlichen Dialog aufrecht zu erhalten.
Ab Dezember 2017 wurden SembrandoPaz und verschiedene von ihnen unterstützte Gemeinschaften bedroht. Nach Gesprächen mit den Behörden patrouillieren Polizei und Marineinfanterie nun regelmässig bei den Büros der Organisation. In der Gemeinde Alta Montaña kam es zu Drohungen per Telefon, Kurznachrichten, Einschüchterungen und Verfolgungen per Motorrad. Hier wurde ein Sicherheitsworkshop durchgeführt und es existiert eine Notfallnummer. Die Bedrohungen wurden jedoch von den Behörden bis heute nur mangelhaft untersucht. SembrandoPaz führt ihre Arbeit gegenwärtig mit viel Vorsicht weiter.
Auf Grund der Verzögerungen bei der Umsetzung des Friedensvertrags mit den FARC setzen SembrandoPaz und Colemad gegenwärtig auf die Verankerung und Stärkung des Friedens in den Gemeinschaften. Aber der Vertragsbruch durch den Staat demotiviert die Gemeinschaften. Viele zweifeln heute an einer vollständigen Umsetzung des Friedensvertrags. Auch sind vermehrt wieder bewaffnete Gruppierungen (Paramilitärs und dissidente FARC-Einheiten) in der Gegend aktiv.
Auch die Unterstützung von Colemad für Frauen in Landrückgabeprozessen stösst immer wieder auf Schwierigkeiten. In diesem Fall unterstützt Colemad die Frauen der Organisation ASOMUPOCA (Asociación de Mujeres Productoras del Campo) bei Gerichtsprozessen für die Rückgabe von Land, von dem sie widerrechtlich vertrieben wurden. Einerseits unterstützt Colemad die Frauen juristisch und politisch, denn die Landrückgabeprozesse dauern oft über Jahre und werden von verschiedenen Behörden immer wieder verzögert. Im März 2018 wurden die Frauen zwar zu einer Einvernahme eingeladen, die Einvernahme wurde dann jedoch kurzfristig abgesagt. Für die Frauen bedeutet dies eine grosse zeitliche und finanzielle Belastung. Auch setzen die Frauen von ASOMUPOCA bis heute auf Selbstschutzmassnahmen die ihnen Colemad vermittelte, da die von der nationalen Schutzeinheit UNP seit März 2018 versprochenen Massnahmen bis heute nicht umgesetzt wurden.
Derweil führte SembrandoPaz in Carmen de Bolívar Anfang Juni einen regionalen Dialog der Territorialräte für Frieden der Departemente Sucre und Bolívar durch. Daran nahmen Berater für Frieden aus beiden Departementen, Vertreter des nationalen Friedensrates und des Hochkommissariats für Frieden sowie lokale und regionale Führungspersonen teil. Ende Juni findet in der Folge in Barranquilla ein überregionales Treffen der Territorialräte teil. Zudem wurde SembrandoPaz in das Friedenskomitee von Sucre gewählt.