Hohe Manager von Drummond angeklagt, Paramilitärs finanziert zu haben

Jan 19, 2021

Von Stephan Suhner

Der jetzige sowie der frühere Präsident der kolumbianischen Tochterfirma des US-Amerikanischen Kohleunternehmens Drummond werden von der kolumbianischen Justiz beschuldigt, Komplizen bei schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen gewesen zu sein. Die Generalstaatsanwaltschaft wirft dem jetzigen Präsidenten José Miguel Linares und dem früheren Präsidenten Augusto Jiménez in der Anklageschrift vom 17. Dezember 2020 vor, die paramilitärischen Vereinigten Selbstverteidigungskräfte AUC zwischen 1996 und 2001 unterstützt und finanziert zu haben. Bei den Tatvorwürfen handelt es sich um Verbrechen gegen die Menschlichkeit, die nach kolumbianischem Recht nicht der Verjährung unterstehen.

Die Strafuntersuchung gegen die beiden Präsidenten von Drummond Colombia wurde offiziell im Oktober 2018 angekündigt und richtete sich ursprünglich gegen sechs hochrangige Manager, darin eingeschlossen den ehemaligen Ex-CIA-Agenten James Adkins. Die Strafverfolgungsbehörde erhielt die Zeugenaussage von zehn früheren Angestellten von Drummond und von zwei ehemaligen Vertragsunternehmern sowie von demobilisierten Paramilitärs. Die Tatverdächtigen wurden Ende 2019 befragt und die Strafuntersuchung endete am 27. Oktober 2020. Die Opfer werden im Strafprozess vom Anwaltskollektiv José Alvear Restrepo CAJAR vertreten. Die Anschuldigungen drehen sich um die Zusammenarbeit der zwei Beschuldigten mit Jaime Blanco Maya, dem Chef des Cateringunternehmens von Drummond. Blanco Maya hatte die Paramilitärs finanziert, indem er überhöhte Rechnungen ausstellte. 2013 wurde Blanco Maya von der kolumbianischen Justiz zu 38 Jahren Gefängnis wegen dem Mord an zwei Gewerkschaftsführern und Drummondmitarbeitern verurteilt. Drummond wurde damals nicht strafrechtlich verfolgt. Gegenwärtig sagt Blanco Maya vor der Sonderjustiz für den Frieden (JEP) aus.

In der 149-seitigen Anklageschrift listet die Generalstaatsanwaltschaft 3‘382 Opfer von Verbrechen auf, darunter Mord, gewaltsames Verschwindenlassen und Entführung. Diese Verbrechen wurden in der Bergbauregion des Cesar und entlang der Zugslinie zu den Verladehäfen von paramilitärischen Gruppen, insbesondere von der Juan Andrés Alvarez Front des Nördlichen Blockes der AUC begangen. Es war Teil einer terroristischen Strategie gegen die Lokalbevölkerung mit dem Ziel, diese aus der Gegend zu vertreiben und ihnen das Land zu stehlen. Ideologisch wurde dieses Vorgehen damit gerechtfertigt, dass die lokalen Bauern die Guerillagruppen unterstützten. Drummond habe aus dem paramilitärischen Handeln durch mehr Sicherheit einen Nutzen gezogen. Bezogen auf verschiedene Zeugenaussagen hält die Anklageschrift fest, dass Drummond die Präsenz der Paramilitärs in der Mine erlaubt, toleriert und gefördert habe. Insbesondere habe Augusto Jiménez von der Präsenz der Paramilitärs in der Kantine von Drummond gewusst und trotzdem dem Vertrag mit Jaime Blanco Maya zugestimmt.

Die Anklageschrift nimmt damit die Erkenntnisse des Berichtes „The Dark Side of Coal“ der holländischen NGO PAX über die Rolle von Drummond und der Tochterfirma von Glencore, Prodeco, während der paramilitärischen Gewalt in Cesar zwischen 1996 und 2006 auf. PAX rief die beiden Unternehmen dazu auf, zur Widergutmachung für die Opfer der paramilitärischen Gewalt und zur Versöhnung und Frieden in der Region beizutragen. PAX hat dazu in den letzten sieben Jahren eine der wichtigsten Opfervereinigungen, die Asamblea Campesina del Cesar in deren Bemühen unterstützt, Wiedergutmachung zu erhalten. PAX hat versucht, einen konstruktiven Dialog über Versöhnung und Wiedergutmachung zwischen den Opfern und den Unternehmen in Gang zu bringen, aber bisher sind die Firmen nicht auf diesen Dialog eingegangen.

Die Angeklagten führen zu ihrer Verteidigung an, dass sie keinerlei Bezug zum Mord an den beiden Gewerkschaftern Víctor Hugo Orcasita und Valmore Locarno im Jahr 2001 gehabt hätten und auch keine illegalen Gruppen finanziert hätten, da die Sicherheit der Mine in der Verantwortung der Staatlichen Sicherheitskräfte gelegen habe. Die Anklagepunkte gegen sie würden auf gefälschten Dokumenten und falschen und widersprüchlichen Zeugenaussagen beruhen. Zudem hätten schon Strafverfahren in den USA eine direkte Finanzierung der Paramilitärs wiederlegt. Zeugen wie Jaime Blanco Maya hätten gelogen um Straferleichterung oder wirtschaftliche Vorteile zu erhalten. Der paramilitärische Kommandant Tolemaida von den AUC sagte ebenfalls aus, dass Vertragsunternehmen wie Transportunternehmen, Sicherheitsunternehmen oder eben das Unternehmen von Jaime Blanco die Paramilitärs finanziert habe, nicht jedoch Drummond selbst. Der Anwalt Francisco Cuellar habe den Zeugen Geld und politisches Asyl angeboten, wenn sie gegen Drummond aussagen würden.

Um einem Strafprozess zu entgehen, könnten die beiden angeklagten Präsidenten von Drummond beantragen, dass ihr Fall bei der Sonderjustiz für den Frieden JEP behandelt wird, womit sie mildere alternative Strafen erhalten würden. Die beiden haben bis zum 27. Januar 2021 Zeit, diese Überstellung in die JEP zu beantragen. Dann müssten sie sich aber verpflichten, die volle Wahrheit zu sagen und dazu beizutragen, die Opfer zu entschädigen, andernfalls würde der Fall an die Strafjustiz zurückgehen. Der Gang vor die JEP könnte wegen der notwendigen Aussagen zur Wahrheitsfindung für viele andere Personen und auch für das Unternehmen selbst ernsthafte Konsequenzen haben, weshalb den beiden Angeklagten die Entscheidung wohl nicht leicht fällt. Sollten sie sich für die JEP entscheiden, wären sie die ersten Topmanager vor der JEP. Es ist zu hoffen, dass ihre Anwälte sie dahingehend beraten, dass sie vor der JEP aussagen, so dass die Opfer endlich die Wahrheit erfahren. Die Anklageschrift zeigt, dass die Opfer paramilitärischer Gewalt Recht hatten, von den Unternehmen Antworten über ihre Taten einzufordern. Das Fenster für Drummond und Prodeco, diesem Aufruf Folge zu leiten, wird sich aber bald schliessen.

Quellen:

https://www.paxforpeace.nl/stay-informed/news/top-level-drummond-managers-charged-with-financing-paramilitaries

https://www.eltiempo.com/justicia/delitos/acusan-a-presidente-de-drummond-en-colombia-por-supuesto-nexo-con-paras-555228

https://www.elespectador.com/noticias/judicial/a-juicio-presidente-de-drummond-colombia-por-presuntos-vinculos-con-paramilitares/