Gemeinschaft von Cañaverales blockiert Kohletagebau der türkischen Yildirim Holding in der Guajira

Jan 31, 2022

Von Stephan Suhner

Das türkische Unternehmen Best Coal Company (BCC), das zur Yildirim Holding gehört, plant im Weiler Cañaverales in der Gemeinde San Juan del Cesar eine Kohlemine im Tagebau auf 350 Hektaren. Die Gemeinschaft, angeführt vom afrokolumbianischen Gemeinschaftsrat Los Negros de Cañaverales stemmt sich seit 2009 gegen den Abbau von 12 Millionen Tonnen Kohle, da dabei eine Forstreserve und die Landwirtschaft beeinträchtigt würden. Es wird zudem vermutet, dass hinter dem relativ kleinen Projekt in Cañaverales ein neues Megaprojekt für Kohleförderung steckt. Das Megaprojekt würde zwei Tagebau- und eine Untertagmine sowie eine neue Eisenbahnlinie zum Hafen in Dibulla umfassen.

Anfang 2021 begann das Unternehmen einen Wettlauf gegen die Zeit, um die notwendigen vorgängigen Konsultationen durchzuführen und die Umweltlizenz beim zuständigen Amt für Umweltlizenzen (ANLA) zu beantragen. Gebremst wurde der Prozess von der Gemeinschaft Cañaverales, die argumentiert, dass sie über zu wenig Informationen verfügt und eine Beeinträchtigung des Quellgebietes befürchtet, das nur etwa 2 Kilometer von der geplanten Mine entfernt wäre und für die Bewässerung und die Trinkwasserversorgung wichtig ist. BCC besitz in der Guajira drei Minenprojekte: Cañaverales ist das am weitesten fortgeschrittene mit einer Lebensdauer von etwa zehn Jahren und einer jährlichen Produktion von 1,2 Millionen Tonnen. Das zweite Tagebauprojekt ist Papayal in der Gemeinde Barrancas und das dritte die Untertagmine des Projektes San Juan del Cesar. Wegen dem befürchteten massiveren Widerstand versucht BCC nur vom Projekt Cañaverales zu sprechen und die wahre Dimension des Megaprojektes zu verheimlichen.

Jaime Álvarez, Sozial- und Umweltdirekt von BCC sagt, dass sie kein Megaprojekt planen würden. Sie hätten das Paket von der brasilianischen CCX übernommen, das sei ein Projekt von der Dimension wie Cerrejón gewesen. BCC plane aber wesentlich kleiner wegen den tiefen Kohlepreisen, nicht mal die Zugslinie würde weiterverfolgt. Die Leute hätten aber noch das ursprüngliche Projekt im Kopf und daher zu grosse Befürchtungen. Die Gemeinschaft von Cañaverales beklagt, dass fast nichts über die Pläne von BCC bekannt sei, sie würden nur wissen, dass die Grube 700 Meter von der Kirche entfernt liege. Sie hätten zudem die schlechten Erfahrungen mit Cerrejón vor Augen. BCC beharrt darauf, dass sie erst im Rahmen des Konsultationsprozesses (FPIC) über das Projekt informiere. Diese Haltung wird vom Innenministerium unterstützt, dass nach Aussagen des Gemeinschaftsrates von Cañaverales eine sehr negative Rolle spiele. Anstatt die Rechte der afrokolumbianischen Gemeinschaften zu garantieren, wolle das Ministerium anscheinend die Consulta Previa so rasch wie möglich durchdrücken. Die Gemeinschaft von Cañaverales kämpft genau darum, dass ihre Konsultation wirklich vorgängig, frei und informiert ist, dass ihr Recht auf Information gewahrt wird und der Zeitplan der Treffen mit ihnen abgesprochen wird, wann und wie die Konsultation stattfindet. Wenn die Methodik und die Termine nicht der Gemeinschaft angepasst seien, sei die Anhörung nicht mehr wirklich frei. Leider hat das Bergbauprojekt die sozialen Netze der Gemeinschaft schon geschwächt, die Gemeinschaft ist gespalten in Personen, die sich von der Mine Arbeit erhoffen und solchen, die die Mine verhindern wollen. Die Belastungen durch die Kampagne gegen die Mine und der Kampf mit den ineffizienten Behörden haben auch bei vielen Führungspersonen des afrokolumbianischen Gemeinschaftsrates zu Ermüdung geführt. Der Sozial- und Umweltmanager der Mine, Juan Álvarez sagt, dass BCC die höchsten Bergbaustandards anwende, v.a. um Schäden am Quellgebiet zu verhindern. Ein Bergbauprojekt habe aber immer auch negative Auswirkungen wie z.B. Luftverschmutzung, anderes zu behaupten wäre gelogen. Dass es ein zerstörerisches Projekt sei, sei aber Angstmache und Falschinformation.

Insgesamt sind neun afrokolumbianische Gemeinschaftsräte potentiell vom Bergbauprojekt betroffen, und trotz der Unzulänglichkeit der Konsultationsprozesse haben bisher die meisten Gemeinschaftsräte dem Projekt zugestimmt, weil ihnen für noch unklare negative Folgen Entschädigungszahlungen und einkommensgenerierende Projekte versprochen wurden. Lediglich der Consejo von Corralejas erzielte keine Einigung, und die Konsultation in Cañaverals erfolgte noch nicht. Zudem mussten die afrokolumbianischen Consejos das Recht auf vorgängige Konsultation vor Gericht erstreiten, da das Innenministerium 2018 fälschlicherweise bestätigte, dass es dort keine ethnischen Gemeinschaften gebe und so keine vorgängigen Konsultationen notwendig seien.

2009 erhielt die brasilianische Firma CCX von Eike Batista eine Konzession um die potentiellen Kohlevorräte zu erkunden, und es war ursprünglich die Rede von Reserven über 110 Millionen Tonnen zwischen den Gemeinden Fonseca, Distracción und San Juan del Cesar. 2011 erhielt das Projekt von Eike Batista schon die Umweltlizenz von der ANLA, mitten in heftigen Protesten der Gemeinschaften die beklagten, nicht über das Projekt informiert worden zu sein. Die afrokolumbianischen Gemeinschaften begannen sich dann zu organisieren und beantragten ihre Anerkennung als Gemeinschaftsräte (Consejos Comunitarios) beim Innenministerium. 2014 wurde so z.B. der Consejo Comunitario Los Negros de Cañaverales gesetzlich anerkannt. Das Projekt von Eike Batista scheiterte, weil seine Firma im Korruptionsskandal Lava Jato Konkurs ging. 2017 kaufte Yildirim Holding die Minentitel, verlor dabei aber die Umweltlizenz die CCX erhalten hatte. Ob und wie schnell das Minenprojekt der türkischen BCC starten kann, hängt teilweise davon ab, wie die vorgängige Anhörung in Cañaverales abläuft und was die Mitglieder der Gemeinschaft beschliessen. Trotz einer Ablehnung der Gemeinschaft kann das ANLA die Umweltlizenz erteilen, solange belegt ist, dass ein offener Dialog möglich war und Alternativen aufgezeigt wurden.

Auf der Webseite von Yildirim ist zu lesen, dass BCC in der Guajira thermische Kohle produzieren wolle, was Jobs und Synergien mit Yildirim Energy schaffe. In den drei Projekten gebe es 714 Millionen Tonnen Kohle. Cañaverales sei das Tagebau-Startprojekt, während San Juan und Papayal vielversprechende Untertagminen seien. Die jährliche Kohleproduktion werde auf über 35 Millionen Tonnen steigen, und das Projekt verfüge über eine eigene Eisenbahnlinie und einen eigenen Hafen. Die Kohle sei für den europäischen Bedarf von hervorragender Qualität. Das tönt doch ziemlich anders und grösser als der lokale Umweltmanager von BCC in Cañaverales sagte. Dieses Bergbaubeispiel zeigt einerseits auf, wie stark die Informationen, die Gemeinschaften in den Konsultationen erhalten, manipuliert sind, und welch negative Rolle staatliche Institutionen spielen, die eigentlich die Rechte der Bevölkerung schützen sollten. Es gibt unzählige Beispiele, wo die Direktion für ethnische Belange und für vorgängige Konsultation des Innenministeriums die Präsenz von ethnischen Gemeinschaften wider besseres Wissen verneint oder den Prozess sonst zu Gunsten des Unternehmens führt. Der Kampf der Gemeinschaften um ihre Rechte wird zu zusätzlich erschwert.

Diesem Artikel liegen folgende Quellen zu Grunde:

Empresa turca y Gobierno niegan información a comunidades sobre megaproyecto carbonífero que amenaza al manantial de Cañaverales en el sur de la Guajira, 25. August 2021, https://www.colectivodeabogados.org/empresa-turca-y-gobierno-niegan-informacion-a-comunidades-sobre-megaproyecto-carbonifero-que-amenaza-al-manantial-de-canaverales-en-el-sur-de-la-guajira/

Cañaverales, la comunidad que tiene frenado un proyecto minero de carbón en La Guajira, 15. Oktober 2021, https://consonante.org/noticia/canaverales-la-comunidad-que-tiene-frenado-un-proyecto-minero-de-carbon-en-la-guajira?fbclid=IwAR2KWgVmI9HrmgS7QXV7YzFzLtmsuCz_0ShsWqxxCFSsmig_Dy-AsaWbRsk

Webseite von Yildirim Holding: http://yilmaden.com/best-coal-company (Zugriff am 25. Januar 2022)