Eingabe beim Schweizer Nationalen Kontaktpunkt der OECD gegen Glencore
Von Stephan Suhner
Heute Dienstag, 19. Januar 2021 werden bei den Nationalen Kontaktpunkten der OECD in Australien, England, Irland und der Schweiz „Klagen“ gegen Glencore, Anglo American und BHP Billiton sowie gegen den irischen Energiekonzern ESB und das Handelsunternehmen CMC eingereicht. Eingereicht wird die Klage vom irischen Global Legal Action Network GLAN, in Allianz mit kolumbianischen NGOs wie das Volksbildungsinstitut CINEP und das Anwaltskollektiv CAJAR. Weitere europäische NGO wie ABColombia, Christian Aid Irland und die Arbeitsgruppe Schweiz Kolumbien ask! unterstützen die Eingabe ebenfalls.
Die Eingabe legt dar, wie das Kohleunternehmen Cerrejón, das zu gleichen Teilen Glencore, Anglo American und BHP gehört, die OECD Leitsätze zu Menschenrechten, Umwelt und Offenlegung von Informationen verletzt. Dies geschieht insbesondere durch die Umweltverschmutzung und die Zerstörung der Lebensgrundlagen der lokalen Bevölkerung in der Guajira sowie durch schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen. Der Kohleabbau führt zu Feinstaubbelastung, zu Gewässerverschmutzung und zur Beeinträchtigung verschiedener Wasserquellen wie Bäche und Grundwasser. Expertenberichte und Studien belegen die negativen Auswirkungen des Kohleabbaus auf die Umwelt und auf die Gesundheit und das Leben der Anwohner. Mit verschiedensten Urteilen der höchsten kolumbianischen Gerichte wurde Cerrejón ebenfalls aufgefordert, die Umweltverschmutzung zu reduzieren und die Schäden zu beheben, ohne dass dies bisher in genügendem Ausmass geschehen wäre. 2020 haben sich auch verschiedene Sonderberichterstatter der UNO dahingehend geäussert, dass Cerrejón zumindest die Minenabschnitte, die am nächsten an den betroffenen Gemeinschaften liegen, während der Corona-Pandemie ausser Betrieb nehmen sollte.
Die negativen Umweltauswirkungen verletzen auch die Menschenrechte der betroffenen Bevölkerung aufs Schwerste. Verletzt werden insbesondere das Recht auf Gesundheit, auf eine saubere Umwelt, auf Ernährung und auf eine würdige Behausung. Aber auch das Recht auf Leben wird verletzt, da einerseits die Lebensgrundlagen der Indigenen und Afrokolumbianer zerstört werden, andererseits die Gesundheitsprobleme bis zum Tod führen können. Soziale Führungsleute und Gemeinschaftsmitglieder, die sich gegen die Mine aussprechen und sich für eine saubere Umwelt einsetzen, werden nicht selten mit dem Tod bedroht oder werden beschattet und eingeschüchtert. Die Zwangsräumungen und Zwangsumsiedlungen entwurzeln die Menschen, nehmen ihnen die Lebensgrundlage weg und setzen sie häufig massiver Gewalt aus.
Zudem wurden die Indigenen und Afrokolumbianer nie über die verschiedenen Erweiterungsprojekte und dazu nötigen Eingriffe wie Flussumleitungen und Waldrodungen konsultiert. Cerrejón kommt damit seiner Sorgfaltspflicht nicht nach, negative Umweltauswirkungen und Menschenrechtsverletzungen zu verhindern oder zumindest stark zu reduzieren und entstandene Schäden wiedergutzumachen. Ebenso kommen Cerrejón und die drei Mutterkonzerne der Pflicht zur Offenlegungen von Informationen nicht nach. Zwar veröffentlichen sowohl Cerrejón wie die drei Mutterkonzerne Nachhaltigkeitsberichte, die darin beschriebene Situation steht aber in krassem Gegensatz zur Lebensrealität der betroffenen Gemeinschaften. Es sind mehr Berichte, die die vermeintliche Wohltätigkeit der Konzerne und Verbesserungen ins Zentrum rücken, aber wenig über die Klagen der Gemeinschaften und die negativen Auswirkungen und wie diese angegangen werden, sagen. Zudem bestreitet Cerrejón standardmässig negative Auswirkung und statt Urteile umzusetzen beklagt das Unternehmen unfaire Behandlung und juristische Kämpfe, die den gewinnbringenden Betrieb der Mine und damit die Entwicklung der Region behindere.
Die Klage gegen die drei Mutterkonzerne von Cerrejón wird am Dienstag, 19. Januar 2021 bei den Kontaktpunkten in Australien, England und der Schweiz eingereicht, sowie in Irland gegen das irische Elektrizitätsunternehmen ESB. Die ask! unterstützt diese Eingaben, da wir seit vielen Jahren die betroffenen Gemeinschaften begleiten und durch öffentlichen Druck und Gespräche eine Verhaltensänderung von Cerrejón und Glencore erhofften. Da Cerrejón auch Urteile des kolumbianischen Verfassungsgerichts nicht umsetzt und weiterhin schönfärberisch behauptet, nur minimale Umweltauswirkungen zu verursachen, sehen wir in dieser Eingabe eine Chance, endlich positive Veränderungen für die betroffene Bevölkerung zu erreichen. Nach dem knappen Scheitern der KVI versuchen wir mit dem bestehenden Instrument der OECD Leitsätze für multinationale Unternehmen weiterzukommen. Die ask! hatte – ebenfalls gegen Cerrejón und damals Xstrata – 2007 eine erste Eingabe beim Schweizer NKP gemacht.
Weiterführende Informationen auf der Webseite von GLAN, u.a. auch die ausführlichen Eingaben bei den Kontaktpunkten: https://www.glanlaw.org/cerrejon-coal