Besorgniserregende Zwischenfälle gefährden die Sicherheit der Menschenrechtsverteidigerinnen von COLEMAD und von deren Familienangehörigen

Mrz 3, 2020

Von Stephan Suhner

Die Menschenrechtsorganisation COLEMAD – Colectivo de Mujeres al Derecho – hat am 19. Februar 2020 verschiedene Drohungen und Unregelmässigkeiten, die die Sicherheit der Mitarbeiterinnen der Organisation beeinträchtigen, denunziert. Unter anderem gab es einen Entführungsversuch und verschiedene verdächtige Telefonanrufe und gefälschte E-mails, mit denen COLEMAD zu erfundenen Konferenzen eingeladen und dazu Informationen über Mitarbeiterinnen von COLEMAD erfragt wurde. COLEMAD ist Partnerorganisation des Multitrack-Friedensförderungsprograms „Semillas de Esperanza“ des EDA und 10 Schweizer Hilfswerken und setzt sich insbesondere für das Recht von Frauen auf Zugang zu Land und für die Opferrechte von Landfrauen ein.

Am 25. Dezember 2019 spätnachts gab es einen Versuch seitens der Polizei von Barranquilla, den minderjährigen Sohn von Luz Estella Romero, der Generalkoordinatorin von COLEMAD, zu entführen. Obwohl der Vorfall bei der Staatsanwaltschaft angezeigt wurde, gab es bisher keine Fortschritte in der Untersuchung des Falles. Am 29. Januar 2020 riefen Beamte des Polizeipostens, die den Entführungsversuch durchführten, draussen vor dem Haus den Namen des Jugendlichen, William Alejandro. Als der Vater mit gleichem Namen nach draussen trat, fragten die Polizisten nach Luz Estella Romero, dass sie ihr eine persönliche Nachricht überbringen sollten, und gingen dann weg. Am 22. Januar 2020 wurde der Twitteraccount von Luz Estella Romero von Bogotá aus gehackt, während sie selber in Barranquilla war.

Am 17. Februar 2020 erhielt Luz Estella Romero eine E-Mail, mit der COLEMAD zu einem lateinamerikanischen Frauentreffen in Panamá eingeladen wurde, organisiert vom Zentralamerikanischen Frauenfonds. Da die Einladung Merkwürdigkeiten aufwies, fragte COLEMAD beim Fonds nach, der dann bestätigte, dass die Mail nicht vom Fonds kam und kein derartiger Event geplant war. Am 17. Februar 2020 erhielt die COLEMAD-Mitarbeiterin Angie Barrios eine falsche E-Mail, Absender war jemand der Westafrikasektion der Schweizer DEZA. Eingeladen wurde zu einem Event über Frauen, Mädchen und Bildung in Senegal. COLEMAD antwortete auf die Nachricht und bat um mehr Informationen über den Event. Am 18. Februar kam ein weiteres Mail im Namen der vermeintlichen Eventorganisatorin, Global Partnership for Education, in dem sie viele Detailinformationen von den potentiellen Teilnehmerinnen von COLEMAD verlangten. Misstrauisch geworden, startete COLEMAD Abklärungen und stellte fest, dass die Mails mit Malware versendet wurden, mit dem Ziel, Informationen zu stehlen. Am 11. Februar rief eine unbekannte Person zuhause auf das Festnetz von Diana Barrios an, Vorstandsmitglied von Colemad, und fragte nach Diana. Dieser Anruf ist besorgniserregend, da die Telefonnummer neu und nicht öffentlich bekannt war. Der Anruf erfolgte wenige Tage nach einem Arbeitstreffen von COLEMAD im Haus von Diana.

COLEMAD beklagt sich, dass sie seit Jahren immer wieder Opfer von solchen Drohungen, Einschüchterungen und Beschattungen werden, und dass obwohl sie solche Vorfälle immer zur Anzeige bringen, bis heute kein Vorfall aufgeklärt wurde. Betroffen von solchen Vorfällen sind auch die Basisorganisationen und Frauen, die COLEMAD (juristisch) begleitet. COLEMAD sieht diese Häufung von Vorfällen im Kontext des sich verschärfenden Klimas gegen MenschenrechtsverteidigerInnen wie es auch der UN Sonderberichterstatter für MenschenrechtsverteidigerInnen Michel Forst in seinem jüngsten Bericht festhält. COLEMAD und die von ihnen im Kampf um Land- und Menschenrechte unterstützten Frauen sind auch verschiedensten Stigmatisierungen als Frauen ausgesetzt und werden als „schlechte Mütter“ oder „Frauen von zweifelhaftem Ruf“ bezeichnet oder als Guerilleras beschimpft.
COLEMAD verurteilt diese Übergriffe auf das Leben und die Unversehrtheit von Mitarbeiterinnen von COLEMAD und deren Familienangehörigen, ebenso wie die Versuche, durch gefälschte Mails und andere Machenschaften COLEMAD auszuspionieren. Sie machen den kolumbianischen Staat und Präsident Duque verantwortlich für diese und zukünftige Angriffe auf COLEMAD und deren Mitarbeiterinnen. COLEMAD fordert, dass die Integrität und das Leben der Menschenrechtsverteidigerinnen von COLEMAD geschützt werden, so wie es die von Kolumbien unterzeichnete Übereinkunft zur Eliminierung aller Formen von Gewalt gegen Frauen CEDAW verlangt. Die ask! schliesst sich diesen Forderungen an und gelangte mit einem Protestbrief an die Regierung von Präsident Ivan Duque.