Mord an Nestlé-Arbeiter Romero in Kolumbien: Beschwerde gegen die Schweiz vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte
Von Stephan Suhner
Die Schweizer Justiz hat sich geweigert, die Rolle des Konzerns Nestlé bei der Ermordung des Arbeiters und kolumbianischen Gewerkschafters Luciano Romero aufzuklären. Deswegen hat das European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR) für Romeros Witwe beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg Beschwerde gegen die Schweiz eingereicht. Das ECCHR beruft sich auf das Recht auf Leben (Artikel 2) und das Recht auf eine wirksame Beschwerde (Artikel 13) aus der Europäischen Menschenrechtskonvention.
Nun soll der EGMR klären, ob die Schweizer Justiz die Verantwortlichkeit Nestlés für den Mord an Romero ausreichend ermittelt hat. Laut kolumbianischer Statistiken wurden seit Mitte der 1980er-Jahre fast 3.000 Gewerkschafter ermordet, 13 von ihnen arbeiteten für Nestlé. „Weder die Unternehmensleitung von Nestlé noch die Schweizer Behörden können behaupten, von der Gewalt in Kolumbien nichts geahnt zu haben oder machtlos dagegen gewesen zu sein“, sagte ECCHR-Generalsekretär Wolfgang Kaleck. „In Kolumbien werden Gewerkschafter systematisch ermordet. Der Mord an Luciano Romero ist kein Einzelfall“, sagte Javier Correa, Präsident der kolumbianischen Gewerkschaft SINALTRAINAL, die zusammen mit Anwälten aus Kolumbien und der Schweiz die Beschwerde unterstützt.
Die Schweizer Justiz hat im Fall Romero alle Klagen gegen Nestlé abgewiesen. Zuletzt berief sich das Bundesgericht im Juli 2014 auf die Verjährung der Tatvorwürfe. „Verjährung, fehlende Zuständigkeiten, Ermittlungsprobleme – es sind immer wieder dieselben Argumente. Kaum ein europäisches Unternehmen wird in seinem Heimatstaat für Menschenrechtsverletzungen im Ausland zur Verantwortung gezogen“, sagte Kaleck. „Was in Europa fehlt, ist ein Katalog der unternehmerischen Sorgfaltsplichten für Menschenrechte!“