UNO: Menschenrechte 2018 in Kolumbien

Apr 30, 2019

Von Fabian Dreher

Der Jahresbericht des UNHCHR fasst die Menschenrechtslage in Kolumbien zusammen und beschreibt die gegenwärtig grössten Herausforderungen für die Menschenrechte in Kolumbien. Dabei präsentiert der Bericht auch die Arbeit des Büros des UNHCHR in Rahmen der Umsetzung des Friedensvertrags zwischen der Regierung und den FARC.

In seinem Jahresbericht zur Menschenrechtslage[1] in Kolumbien betont das UN-Hochkommissariat für Menschenrechte (UNHCHR) die Bedeutung der Garantie der Menschenrechte um einen nachhaltigen und dauerhaften Frieden zu erreichen. Die grössten Herausforderungen für die Menschenrechte sieht das UNHCHR beim Schutz von MenschenrechtsverteidigerInnen, im Kampf gegen Straflosigkeit und Korruption, in der Zunahme der Gewalt und Ungleichheit und in der fehlenden Erfüllung insbesondere der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte im ländlichen Raum.

Das UNHCHR begrüsst, dass sämtliche Präsidentschaftskandidaten, darunter auch der gewählte Präsident Iván Duque, während dem Wahlkampf einen Menschenrechtspakt unterzeichnet haben. Dieser verpflichtet die aktuelle Regierung nun, die Menschenrechte der Bevölkerung zur respektieren und zu schützen, insbesondere auch in den vom bewaffneten Konflikt betroffenen Gebieten. Das UNHCHR bietet nun der kolumbianischen Regierung seine Kooperation und Expertise im Rahmen des Mandats zur Überwachung der Umsetzung des Friedensabkommens an. Es ist zu hoffen, dass die kolumbianische Regierung weiterhin mit dem UNHCHR zusammenarbeitet um die Menschenrechte aller KolumbianerInnen zu garantieren. 2018 führte das Büro des UNHCHR insgesamt 1339 Einsätze in ganz Kolumbien durch.

Besonders besorgt zeigt sich das UNHCHR 2018 weiterhin über die zunehmende Gewalt gegen MenschenrechtsverteidigerInnen (MRV). Mindestens 110 MRV wurden 2018 ermordet, 27 Prozent davon sind dabei Angehörige ethnischer Minderheiten (18 Indigene und 12 AfrokolumbianerInnen). Auch andere Formen von Gewalt wie Drohungen, Mordversuche und sonstige Menschenrechtsverletzungen von MRV haben 2018 deutlich zugenommen. Bei 93 Prozent der vom UNHCHR beobachteten Fälle sind die Ursachen eng verbunden mit dem mangelnden Zugang der Bevölkerung zur Justiz sowie mangelnde Garantien der wirtschaftlichen, sozialen, kulturellen und umweltbezogenen Rechte. Die Abwesenheit des Staates verursacht eine mehrschichtige Armut, die illegale Ökonomien und illegale bewaffnete Organisationen begünstigt. Die Bekämpfung dieser strukturellen Ursachen der Gewalt muss eine hohe Priorität geniessen.

Die staatlichen Schutzmassnahmen für bedrohte Personen sind häufig ungenügend und nicht den konkreten Bedrohungslagen angepasst. Das UNHCHR hofft, dass die Reformen im Rahmen des von der kolumbianischen Regierung vorgestellten Plan de Acción Oportuna (PAO) hier rasch Erfolge zeigen. Von der kolumbianischen Staatsanwaltschaft fordert das UNHCHR Verbesserungen bei der Aufklärung von Menschenrechtsverletzungen und Morden an MenschenrechtsverteidigerInnen. Die Straflosigkeit bei solchen Gewaltverbrechen liegt immer noch sehr hoch.

Positiv hebt das UNHCHR den deutlichen Rückgang an Gewalt während den Kongress- und Präsidentschaftswahlen 2018 hervor. Auch die Fortschritte im Rahmen des Integralen Systems für Wahrheit, Gerechtigkeit, Entschädigung und Nichtwiederholung (SIVJRNR) begrüsst das UNHCHR. Die drei Mechanismen Sonderjustiz für den Frieden (JEP), Wahrheitskommission (CEV) und Sucheinheit für Verschwundene (UBPD) konnten ihre Arbeit aufnehmen. Wichtig ist bei allen drei Mechanismen, dass die Opfer des bewaffneten Konflikts im Zentrum ihrer Aktivitäten stehen. Das UNHCHR fordert die Regierung Kolumbiens auf, das Rahmengesetz der JEP so rasch wie möglich zu verabschieden.

Gemäss dem Obersten Rechnungshof (Contraloría General) verursacht die Korruption in Kolumbien jährlich Kosten in der Höhe von 16 Milliarden US-Dollar, was 21 Prozent des Staatsbudgets entspricht. Diese Ressourcen fehlen dem Staat insbesondere bei der Garantie der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte der Bevölkerung. Ende August 2018, kurz nach dem Amtsantritt von Präsident Duque sprachen sich 99 Prozent der über 10 Millionen Abstimmenden für mehrere Antikorruptionsinitiativen aus. Obwohl das gesetzlich notwendige Quorum nicht erreicht wurde, setzte die Bevölkerung damit doch ein klares Zeichen gegen die Korruption in Kolumbien. Leider wurden seither 19 von 24 Gesetzesvorschlägen gegen die Korruption im Kongress abgelehnt, fünf weitere Vorschläge sind noch ausstehend. Das UNHCHR fordert den kolumbianischen Staat auf, eine integrale Antikorruptionspolitik zu verabschieden und diese möglichst rasch umzusetzen. Mit einer entschlossenen Bekämpfung der Korruption können zudem auch die für die Umsetzung des Friedensabkommens notwendigen Ressourcen mobilisiert werden.

Das UNHCHR empfiehlt der kolumbianischen Regierung eine Beschleunigung der Umsetzung insbesondere der Punkte 1 (Integrale Landreform), 3 (Ende des bewaffneten Konflikts) und 4 (Substitution illegaler Pflanzungen) des Friedensabkommens. Beim Punkt 3 liegen die Defizite vor allem in den Bereichen Sicherheit von MenschenrechtsverteidigerInnen und sozialen Führungspersonen sowie bei der Zerschlagung paramilitärischer Gruppierungen. Des Weiteren fordert das UNHCHR die Respektierung der Unabhängigkeit sämtlicher Mechanismen des SIVJRNR und insbesondere der JEP. Das UNHCHR lädt die kolumbianische Regierung ein, die Agenda 2030 umzusetzen und damit insbesondere die wirtschaftlichen, sozialen, kulturellen und Umweltrechte der Bevölkerung zu stärken. Zudem fordert das UNHCHR Kolumbien auf, das Zusatzprotokoll zur Konvention gegen Folter und andere grausame, unmenschliche und entwürdigende Strafen zu ratifizieren.

[1] http://www.hchr.org.co/documentoseinformes/informes/altocomisionado/Informe-anual-colombia-2018-ESP.pdf