Wahlen in Kolumbien 2018

Jan 29, 2018

Von Fabian Dreher

Im März 2018 wählt Kolumbien einen neuen Kongress, im Mai und Juni eineN neueN PräsidentIn. Die Ausgangslage ist so offen wie selten zuvor, der Wahlkampf verspricht spannend zu werden. Es bleibt zu hoffen, dass die kolumbianische Bevölkerung sich an der Urne für eine Fortsetzung des Friedensprozesses einsetzt.

2018 sind Wahlen in Kolumbien und der Wahlkampf hat bereits begonnen. PolitikerInnen verschiedener Parteien haben bereits ihre Kandidatur angekündigt und teils Parteien oder Parteibündnisse hinter sich vereinigt. Am 11. März 2018 wählen die ungefähr 36 Millionen wahlberechtigten Kolumbianer die 102 Mitglieder des Senats und besetzen die 166 Sitze des Abgeordnetenhauses neu. Am 27. Mai dann finden die Präsidentschaftswahlen statt. Wenn keiner der KandidatInnen im ersten Wahlgang über 50 Prozent der Stimmen erhält, treffen die beiden KandidatInnen mit den meisten Stimmen im zweiten Wahlgang am 17. Juni 2018 aufeinander.

Die Wahlen dürften spannend werden, herrscht doch aktuell eine in der kolumbianischen Politik unübliche Unsicherheit betreffend der Wählerstärke der verschiedenen Parteien und der Koalitionen zwischen den verschiedenen KandidatInnen für die Präsidentschaftswahlen. Wechselten sich früher vor allem zwei Parteien, der Partido Liberal und der Partido Conservador, an der Regierung ab, haben sich für die Wahlen in den Senat 16 Parteien oder Gruppierungen angemeldet, wovon mindestens acht auch gute Chancen haben, zumindest einen Sitz zu erlangen. Die Listen für die Wahlen ins Abgeordnetenhaus sind noch weniger übersichtlich, da in beinahe jedem Departement andere Koalitionen und Listen antreten. Erste Umfragen im November 2017 bestätigen die grosse Aufsplitterung der kandidierenden Parteien[1].

Formell ist Kolumbien seit 1886 eine Demokratie, so sind zumindest alle BürgerInnen wahlberechtigt. In der Realität jedoch krankt das politische System Kolumbiens an vielen Ecken und Enden: Manipulation und Zugang zu Informationen, Korruption, Einfluss von mächtigen kriminellen Organisationen auf die Politik, zunehmende Polarisierung prägen den politischen Alltag. Bis heute setzen sich nur wenige PolitikerInnen für das Gemeinwohl und die Bedürfnisse aller BürgerInnen ein. Die meisten nutzen die Wahl jedoch um danach sich selbst oder ihrer wirtschaftlich meist bessergestellten Klientel Vorteile zu verschaffen. Entsprechend schwach ist so zum Beispiel das soziale Netz ausgebaut: Bildung, Gesundheit, ausreichende Nahrung, Wasser, etc. sind zwar auch in Kolumbien Grundrechte, stehen aber in der Realität nur Reichen oder Einflussreichen unbeschränkt zur Verfügung[2].

Für die Präsidentschaftswahlen im Mai und Juni 2018 haben sich im November 2017 30 KandidatInnen angemeldet. Darunter auch der Anführer der zur politischen Partei konvertierten FARC Rodrigo Londoño, alias Timoleón Jimenez oder Timochenko, der auch von der Unión Patriótica unterstützt wird. Zu den Favoriten zählen im Moment fünf Personen: Erstens der ehemalige Vizepräsident (2014-2017) Germán Vargas Lleras, der sich seit seinem Rücktritt vom Friedenskurs der Regierung Santos distanziert hat und von der Partei Cambio Radical unterstützt wird. Zweitens der Verhandlungsführer der Regierung Santos bei den Friedensgesprächen mit den FARC, Humberto de la Calle, der sich die Nominierung der immer noch einflussreichen Liberalen Partei (Partido Liberal) sichern konnte. Drittens der Kandidat des Uribismus, Iván Duque Márquez, die wohl grösste Bedrohung für den Frieden. Der ehemalige Präsident Álvaro Uribe ist jedoch in breiten Bevölkerungskreisen weiterhin populär und seine Partei, das Centro Democrático liegt auch bei den Umfragen für die Parlamentswahlen in Führung. Eher im linken Spektrum treten der ehemalige Bürgermeister von Bogotá, Gustavo Petro und der ehemalige Bürgermeister von Medellín und Gouverneur von Antioquia, Sergio Fajardo an. Fajardo wird auch von den linken Kongressparteien Alianza Verde und Polo Democrático Alternativo unterstützt. Petro war in den 1970er Jahren Mitglied des M-19 und wurde Ende 2013 vom Generalinspekteur der Republik Kolumbien (Procuraduría General de la Nación) abgesetzt. Das Urteil wurde später vom Obersten Gerichtshof aufgehoben.

Auch wenn sich das Kandidatenfeld in den nächsten Wochen etwas lichten dürfte, so wird die Unsicherheit wohl bis nach den Parlamentswahlen andauern. Je nachdem wie die einzelnen Parteien und Bewegungen dort abschneiden, können sich die Koalitionen noch stark verändern. Es ist nicht auszuschliessen, dass auch nach dem ersten Wahlgang der Präsidentschaftswahlen noch neue, überraschende Allianzen zustande kommen. So offen wie 2018 waren die Präsidentschaftswahlen in Kolumbien seit langem nicht mehr. Viel hängt davon ab, wie schmutzig der Wahlkampf schliesslich geführt wird und welche Themen den Wahlkampf dominieren. Beim Thema Frieden sind Pro- und Kontralager klar, bei anderen Themen ergibt sich unter Umständen eine andere Polarisierung[3].

 

Von Fabian Dreher

Im März 2018 wählt Kolumbien einen neuen Kongress, im Mai und Juni eineN neueN PräsidentIn. Die Ausgangslage ist so offen wie selten zuvor, der Wahlkampf verspricht spannend zu werden. Es bleibt zu hoffen, dass die kolumbianische Bevölkerung sich an der Urne für eine Fortsetzung des Friedensprozesses einsetzt.

2018 sind Wahlen in Kolumbien und der Wahlkampf hat bereits begonnen. PolitikerInnen verschiedener Parteien haben bereits ihre Kandidatur angekündigt und teils Parteien oder Parteibündnisse hinter sich vereinigt. Am 11. März 2018 wählen die ungefähr 36 Millionen wahlberechtigten Kolumbianer die 102 Mitglieder des Senats und besetzen die 166 Sitze des Abgeordnetenhauses neu. Am 27. Mai dann finden die Präsidentschaftswahlen statt. Wenn keiner der KandidatInnen im ersten Wahlgang über 50 Prozent der Stimmen erhält, treffen die beiden KandidatInnen mit den meisten Stimmen im zweiten Wahlgang am 17. Juni 2018 aufeinander.

Die Wahlen dürften spannend werden, herrscht doch aktuell eine in der kolumbianischen Politik unübliche Unsicherheit betreffend der Wählerstärke der verschiedenen Parteien und der Koalitionen zwischen den verschiedenen KandidatInnen für die Präsidentschaftswahlen. Wechselten sich früher vor allem zwei Parteien, der Partido Liberal und der Partido Conservador, an der Regierung ab, haben sich für die Wahlen in den Senat 16 Parteien oder Gruppierungen angemeldet, wovon mindestens acht auch gute Chancen haben, zumindest einen Sitz zu erlangen. Die Listen für die Wahlen ins Abgeordnetenhaus sind noch weniger übersichtlich, da in beinahe jedem Departement andere Koalitionen und Listen antreten. Erste Umfragen im November 2017 bestätigen die grosse Aufsplitterung der kandidierenden Parteien[1].

Formell ist Kolumbien seit 1886 eine Demokratie, so sind zumindest alle BürgerInnen wahlberechtigt. In der Realität jedoch krankt das politische System Kolumbiens an vielen Ecken und Enden: Manipulation und Zugang zu Informationen, Korruption, Einfluss von mächtigen kriminellen Organisationen auf die Politik, zunehmende Polarisierung prägen den politischen Alltag. Bis heute setzen sich nur wenige PolitikerInnen für das Gemeinwohl und die Bedürfnisse aller BürgerInnen ein. Die meisten nutzen die Wahl jedoch um danach sich selbst oder ihrer wirtschaftlich meist bessergestellten Klientel Vorteile zu verschaffen. Entsprechend schwach ist so zum Beispiel das soziale Netz ausgebaut: Bildung, Gesundheit, ausreichende Nahrung, Wasser, etc. sind zwar auch in Kolumbien Grundrechte, stehen aber in der Realität nur Reichen oder Einflussreichen unbeschränkt zur Verfügung[2].

Für die Präsidentschaftswahlen im Mai und Juni 2018 haben sich im November 2017 30 KandidatInnen angemeldet. Darunter auch der Anführer der zur politischen Partei konvertierten FARC Rodrigo Londoño, alias Timoleón Jimenez oder Timochenko, der auch von der Unión Patriótica unterstützt wird. Zu den Favoriten zählen im Moment fünf Personen: Erstens der ehemalige Vizepräsident (2014-2017) Germán Vargas Lleras, der sich seit seinem Rücktritt vom Friedenskurs der Regierung Santos distanziert hat und von der Partei Cambio Radical unterstützt wird. Zweitens der Verhandlungsführer der Regierung Santos bei den Friedensgesprächen mit den FARC, Humberto de la Calle, der sich die Nominierung der immer noch einflussreichen Liberalen Partei (Partido Liberal) sichern konnte. Drittens der Kandidat des Uribismus, Iván Duque Márquez, die wohl grösste Bedrohung für den Frieden. Der ehemalige Präsident Álvaro Uribe ist jedoch in breiten Bevölkerungskreisen weiterhin populär und seine Partei, das Centro Democrático liegt auch bei den Umfragen für die Parlamentswahlen in Führung. Eher im linken Spektrum treten der ehemalige Bürgermeister von Bogotá, Gustavo Petro und der ehemalige Bürgermeister von Medellín und Gouverneur von Antioquia, Sergio Fajardo an. Fajardo wird auch von den linken Kongressparteien Alianza Verde und Polo Democrático Alternativo unterstützt. Petro war in den 1970er Jahren Mitglied des M-19 und wurde Ende 2013 vom Generalinspekteur der Republik Kolumbien (Procuraduría General de la Nación) abgesetzt. Das Urteil wurde später vom Obersten Gerichtshof aufgehoben.

Auch wenn sich das Kandidatenfeld in den nächsten Wochen etwas lichten dürfte, so wird die Unsicherheit wohl bis nach den Parlamentswahlen andauern. Je nachdem wie die einzelnen Parteien und Bewegungen dort abschneiden, können sich die Koalitionen noch stark verändern. Es ist nicht auszuschliessen, dass auch nach dem ersten Wahlgang der Präsidentschaftswahlen noch neue, überraschende Allianzen zustande kommen. So offen wie 2018 waren die Präsidentschaftswahlen in Kolumbien seit langem nicht mehr. Viel hängt davon ab, wie schmutzig der Wahlkampf schliesslich geführt wird und welche Themen den Wahlkampf dominieren. Beim Thema Frieden sind Pro- und Kontralager klar, bei anderen Themen ergibt sich unter Umständen eine andere Polarisierung[3].